Ausgangslage
Prognosen sind eine der wichtigsten Grundlagen für viele energiewirtschaftliche Aktivitäten. Sei es bei der Angebotskalkulation für die Bepreisung von Profilen oder dem Energieeinkauf für ein Portfolio. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Marktkund:innen sondern auch für die Grundversorgung oder die Vermarktung von Erzeugungen. Die Langfristprognose, welche die kommenden Monate oder Jahre abdeckt, ist Basis für die Bewirtschaftung eines Portfolios. Auch wenn die Genauigkeit dieser Prognose grössere Unsicherheiten als die Kurzfristprognose mit sich bringt, lohnt es sich, diese bestmöglich zu machen. Alles, was in der Langfristprognose nicht oder mangelhaft berücksichtigt wurde, muss dann bei Vorliegen der Kurzfristprognose, welche jeweils für die kommenden Tage erstellt wird, noch am Spotmarkt gehandelt werden. Je nach Preisen am Spotmarkt kann dies Kosten verursachen oder aber auch noch Geld einbringen. Das Ziel sollte jedoch immer sein, solche unplanbaren Schwankungen in die eine oder andere Richtung, so gering wie möglich zu halten. Folglich ist es auch empfehlenswert, den Prognoseprozess über die gesamte Zeitachse als kontinuierlichen Prozess zu verstehen und jederzeit die Prognosen nach bestem Wissen und Gewissen aktuell zu halten sowie seine Positionen immer auf Basis der aktuellen Erkenntnisse zu bewirtschaften.

Einflussfaktoren im zeitlichen Verlauf
Die Einflussfaktoren für die Prognose variieren, je nachdem für welche Frist diese erstellt wird. Bei der Langfristprognose werden vorwiegend Jahres-, Quartals- oder Monatsmengen abgestimmt und plausibilisiert. Hierbei haben die Entwicklung der Konjunktur, der geplante Ausbau in der Region, das erwartete Klima oder aber durch technische und regulatorisch bedingte Entwicklungen und Veränderungen (bspw. PV-Zubau, Elektrifizierung der Mobilität, Umrüstung Energieträger) massgebenden Einfluss.
Die Kurzfristprognose basiert auf mehreren und besser greifbaren Grundlagen. Prognosemodelle stützen sich hierbei zu einem grossen Teil auf verfügbare Wetterdaten ab. Neben den erwarteten Temperaturen oder der Globalstrahlung werden auch Faktoren wie die Niederschlagsmengen oder Schneeschmelze berücksichtigt, wenn beispielsweise das eine oder andere Laufwasserkraftwerk prognostiziert werden muss. Einen grossen Einfluss hat auch der Wochentag und ob es sich beispielsweise um einen Feiertag oder Ferien handelt. Sofern verfügbar werden auch regionale Komponenten wie ein ausserordentlicher Sonntagsverkauf oder ein grösseres Stadfest berücksichtigt.
Top-Down und Bottom-Up Prognose
Bei der Prognostizierung von Verbrauchern und Erzeugern in einem Gebiet oder einer Bilanzgruppe gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Mittels der Bottom-Up Prognose wird jeder Messpunkt individuell prognostiziert. Basierend auf den historischen Messwerten und den zuvor genannten Einflussfaktoren wird eine Vielzahl von Einzelprognosen erstellt und die resultierende Summe entspricht dem geplanten Verbrauch. Sofern noch nicht jeder Verbraucher und Produzent mit einem viertelstündlichen Lastgangzähler ausgestattet ist, entspricht dies folglich noch einer teilweise theoretischen Vorstellung. In der Praxis bedeutet Bottom-Up Prognose, dass die Prognose mit der tiefsten Granularität an verfügbaren Daten erstellt wird. Im Rahmen der Grundversorgung ist dies dann oft beispielsweise einfach ein virtueller Kundenpool mit allen nicht lastganggemessenen Kunden.
Dem entgegengesetzt ist die Top-Down Prognose. Hierbei wird eine einzelne Prognose über ein Gebiet oder eine Bilanzgruppe erstellt. Diese Variante erfreute sich insbesondere vor dem ersten Marktöffnungsschritt beispielsweise noch grösserer Beliebtheit, da die Netzbetreiber einfach auf Basis einer Netzübergabestelle eine Prognose erstellen konnten. Mit der zunehmenden Fragmentierung des Marktes wurde dies jedoch immer schwieriger, da immer mehr verlorene Kunden aus der Sicht Vertrieb und somit der für die Prognose relevanten Rolle fehlten. Ein weiteres Problem der Top-Down Prognose stellen zudem Industriebetriebe dar, welche nicht nach einem fix definierten Schema die Energie verbrauchen.
Da beide Ansätze Vor- und Nachteile mit sich bringen, empfiehlt sich die Kombination der beiden Modelle. Während beispielsweise Produktionspläne einzelner Betriebe in der Bottom-Up Prognose sehr gut berücksichtigt werden können, ist es generell ein höherer Aufwand, die Prognosemodelle so zu kalibrieren, dass jede Einzelprognose eine gute Qualität aufweist.

Ausblick Price Forward Curve
Die Langfristprognose zeigt den erwarteten Verbrauch von Kund:innen für die Zukunft. Für die Kalkulation oder Bewertung dieser Prognosen, bedarf es einer Price Forward Curve oder auch PFC. Was eine PFC beinhaltet und was diese aussagt, folgt im Know-How Letter vom 9. Mai.
Patrick Jonke, enerjee AG
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