Ausgangslage
In der Schweiz gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Stromgeschäfte abzuschliessen. Einerseits über eine Börse und andererseits bilateral direkt mit einer Gegenpartei. Bei den Börsenplätzen ist die Gegenpartei in der Regel nicht bekannt und der Käufer wie auch Verkäufer schliessen das Geschäft direkt mit der Börse respektive dem zuständigen Clearinghaus ab. Bei bilateralen Geschäften ist die Gegenpartei bekannt und der Käufer schliesst mit dem Verkäufer direkt einen Vertrag ab. Ist ein Broker involviert, kennen Käufer und Verkäufer die Gegenpartei; jedoch erst nach dem Abschluss.
Börsenplätze
Der in der Schweiz sehr liquide und etablierte Kurzfristhandel erfolgt an der Spotbörse. Für den Schweizer Marktplatz laufen diese Transaktion über die EPEX SPOT mit Hauptsitz in Paris. Jeden Tag, auch an Wochenenden und Feiertagen, gibt es um elf Uhr eine Auktion für den kommenden Tag. Die Ergebnisse dieser Auktion liegen dann rund zehn Minuten später bereits vor. Jeder Marktteilnehmer kann in diesen Auktionen für jede Stunde eines Tages Kauf- respektive Verkaufsangebote einstellen. Beispielsweise können Limiten definiert werden, bis zu welchen Preisen welche Mengen gekauft oder verkauft werden sollen. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Offerten bestens gestellt werden, sodass das gewünschte Volumen zum markträumenden Preis aus der Auktion vergeben werden. Dieses Vorgehen wählen in der Regel Marktteilnehmer, welche keine eigenen Kraftwerke zum Ausgleich besitzen und somit mehr oder weniger um jeden Preis die Positionen an der Spotbörse schliessen müssen. Nach der Auktion an der Spotbörse gibt es noch die Möglichkeit, über die EPEX SPOT im Intraday Bereich zu handeln. Einerseits über die zweimal täglichen Intraday Auktionen und zum anderen über einen kontinuierlichen Handel. Der kontinuierliche Handel kann gar bis zu einer halben Stunde vor Lieferbeginn genutzt werden.
Mehr Bekanntheit erfreut sich die Börse für den Terminmarkt, die European Energy Exchange AG (EEX) mit Sitz in Leipzig. Die EEX ist in der Schweiz mehrheitlich bekannt für den deutschen Marktpreis, da lange Zeit keine Schweizer Preise auf der Plattform existierten und als Referenz jeweils der gehandelte Preis für den deutschen Markt betrachtet und herangezogen wurden. Dies führte jeweils mit der ominösen Nordgrenze zum Schweizer Preis. Nun gibt es bereits seit mehreren Jahren auch Produkte für den Schweizer Markt, die EEX Swiss Power Futures. Diese begrenzen sich jedoch auf einen Base (Bandlieferung Mo-So). Es fehlen somit jeweils Peak
(Mo-Fr jeweils 08-20) und Off-Peak (alle Stunden ausser Peak) Produkte und Preise. Doch auch mit dieser Reduzierung ist der Handel über die EEX für den Schweizer Markt sehr bescheiden (respektive so gut wie nicht vorhanden). Die entsprechend publizierten Abrechnungspreise basieren folglich oft auf Umfragen bei Marktteilnehmern und können als Anhaltspunkt durchaus verwendet werden.
over-the-counter (OTC)
Die OTC-Geschäfte können entgegen der Börse für alle beliebigen Fristen, Produkte und Laufzeiten im Spot- wie auch Terminhandel abgeschlossen werden. Damit ist der Markt die Alternative zu den sehr standardisierten Produkten und anforderungsreichen Prozessen der Börse. Abmachungen werden bilateral getroffen und können in einem einfachen Einzelvertrag oder auf Basis eines abgeschlossenen Rahmenvertrages festgehalten werden. Bei grösseren Gegenparteien wird in der Regel ein sehr ausführlicher und komplexer Rahmenvertrag erarbeitet, welcher alle Eventualitäten regelt. Dies zeigt wiederum den Vorteil der Börse, an welcher alles über eine zentrale Gegenpartei abgewickelt werden kann.
Im OTC-Bereich haben Broker eine wichtige Rolle. Broker stellen Plattformen zur Verfügung, auf welchen die relevanten Marktplätze wie die Schweiz sowie die relevanten Standardprodukte wie Base und Peak gehandelt werden können. Die Marktpartner erfassen die gewünschten Kauf- und Verkaufsmengen mit dem Preis. Bei Interesse kann dieser Preis von einem Marktteilnehmer kontrahiert werden. In der Regel sind auf diesen Plätzen jeweils die kommenden drei Laufzeiten einigermassen liquide (drei Monate, drei Quartale, drei Jahre). In der Schweiz müssen diese Preise, sofern sie sichtbar sind, jedoch immer mit Vorsicht betrachtet werden. Es sind oft nicht die zu diesem Zeitpunkt am besten realisierbaren Preise, denn viele Anbieter im Schweizer Markt stellen auf diesen Plattformen nicht kontinuierlich ihr bestes verfügbares Angebot ein. Dieses erhält der Käufer, wenn beispielsweise auf den klassischen Wegen per Telefon oder E-Mail eine Offerte angefragt wird. Denn zu diesem Zeitpunkt rechnet jeder Akteur bei vorhandenem Interesse so kompetitiv wie möglich. Ein weiterer Vorteil im OTC-Bereich kann ebenfalls sein, dass die Angebote direkt in Schweizer Franken eingeholt werden können und sowohl die Umrechnung mit dem fairen Terminwechselkurs (nicht Spot) sowie das Hedging der Währung bereits inkludiert sind. Sowohl an der EPEX SPOT als auch an der EEX werden nämlich alle Produkte in Euro gehandelt.
Ausblick Ausgleichsenergie
Das letzte Element einer Stromlieferung an Verbraucher oder der Rücklieferung von Produzenten entsteht durch die Abweichungen zwischen der Prognose und den Messwerten. Die entstehende Ausgleichsenergie unterliegt eigenen Marktbedingungen, welche am 14. März erläutert werden.
Patrick Jonke, enerjee AG
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